Stadtgeschichte
Stadtgeschichte
Frühgeschichte
Die Stadt Gudensberg liegt im traditionsreichen Chattengau, dem nordöstlichen Teil des Schwalm-Eder-Kreises, rund 20 km südlich von Kassel. Schon in vor- und frühgeschichtlicher Zeit – so beweisen Bodenfunde – war der Raum in der unmittelbaren Umgebung des Ortes besiedelt. Mehrfach, zuletzt 2007, wurden bei Grabungen oder Erschließungsarbeiten zahlreiche Belege für jungsteinzeitliche Siedlungen in der Gudensberger Gemarkung gefunden.
Die Menschen dieser Epoche töpferten keramische Gefäße, verzierten sie mit geschlängelten Mustern und mahlten Getreide per Hand zwischen schweren Steinen. Auf fruchtbarem und geschütztem Boden bauten sie vor rund 7.000 Jahren bis zu 50 Meter lange Häuser aus Lehm und geflochtenen Zweigen. In Anlehnung an die Töpfer-Kunst nennt man ihre Kultur heute Bandkeramik, die Gebäude werden als Langhäuser bezeichnet. Die archäologischen Untersuchungen von 2007 förderten unter anderem sechs Skelette zu Tage, darunter das eines Kindes, bestattet in Hockstellung. Auch zahlreiche Keramikscherben und Werkzeuge wurden gefunden.
Chatten und Chattengau
In der Zeit vom 1. Jahrhundert v.Chr. bis zum 3. Jahrhundert n.Chr. gehörte unsere Region zum Siedlungsgebiet der Chatten, einem germanischen Stamm. Man vermutet, dass der Name „Hessen“ von dem der „Chatten“ abgeleitet wurde. Dazu beigetragen haben maßgeblich die Römer, mit denen die germanischen Stämme, darunter der der Chatten, in unserer Region kriegerische Auseinandersetzungen austrugen.
Weil sie anscheinend wenig Begeisterung verspürten, in den Jahrhunderten danach ihre Heimatregion zu verlassen, hat man den Chatten den ironischen Stempel von „Fußkranken der Völkerwanderung“ aufgedrückt. Unsere Kleinregion, der „Chattengau“ (ein Begriff, der auch heute vielfach verwendet wird) weist zahlreiche Belege zu chattischen Besiedlung auf und gilt daher als Zentrum des Siedlungsgebietes.
1121: Erster urkundlicher Nachweis
Die älteste schriftliche Urkunde, in der Gudensberg erwähnt wird, stammt aus dem Jahr 1121. Das Jahr ist die Grundlage für die Berechnung der Stadtjubiläen. Sowohl zum 800-jährigen Bestehen (1921) wie auch zum 900-jährigen Jubiläum (2021) gab es keine „frohe Gedächtnisfeier“ (Stadthistoriker Hugo Brunner). 1921 verhinderten die schwierigen politischen Verhältnisse auf Reichsebene eine Feier zum Stadtjubiläum, im vergangenen Jahr war es die Corona-Pandemie.
Die Urkunde von 1121 berichtet über einen Giso IV., "Graf von Udenesberc". Aus dieser, wie auch aus anderen mittelalterlichen Bezeichnungen der Stadt, lässt sich der Name Wotansberg ableiten, ein Hinweis, dass in der Vorzeit auf dem Schlossberg der höchste germanische Gott verehrt worden sein dürfte.
Hessen, Thüringer und Hessen
Im Mittelalter wurde auf dem Berg die Obernburg gebaut, die Sitz der hessischen Gaugrafen war. Von hier aus wurde damals der Hessengau verwaltet. Von 1122 bis 1247 war Gudensberg im Besitz der thüringischen Landgrafen. In dieser Zeit ist, wenn nicht die Gründung, so doch das Aufblühen des Ortes anzusetzen. Die erste Ummauerung Gudensbergs (1170 bis 1180) und die Erwähnung als Stadt (1254) mit Bestehen einer städtischen Verfassung zu Beginn des 13. Jahrhunderts kennzeichnen diese Entwicklung. Nach Aussterben der thüringischen Landgrafen fiel Gudensberg an Hessen zurück, wobei die Stadt sogar oft als „Wiege Hessens“ bezeichnet wird, da - einer Legende nach - Sophie von Brabant auf dem traditionsreichen Grund der Mader Heide 1247 ihren vierjährigen Sohn Heinrich („Das Kind“) zum ersten Hessischen Gaugrafen bestimmt haben soll, wofür es allerdings keine historischen Belege gibt.
Später verschoben sich politisches Zentrum und Verwaltungsmittelpunkt nach Kassel. In den zahlreichen Fehden zwischen dem Erzstift Mainz und der Landgrafschaft Hessen blieb Gudensberg einer der Hauptstützpunkte Hessens. Hierdurch hatte die Stadt stark zu leiden, da sie 1387 – bis auf die Obernburg – eingenommen und eingeäschert wurde. Auch in späteren Jahrhunderten blieb sie vor Zerstörung durch Brand nicht verschont, so 1587 durch Unachtsamkeit und 1640 während des 30-jährigen Krieges durch Brandstiftung kaiserlicher Truppen. Im 7-jährigen Krieg (1761) wurde die noch zum Teil erhaltene Obernburg durch Beschuss in Mitleidenschaft gezogen.
Ackerbürger- und Handwerkerstädtchen
Von den mittelalterlichen Gebäuden und der Stadtbefestigung ist durch die erwähnten Ereignisse wenig erhalten geblieben. Auf ein verbliebenes Stück Stadtmauer weist heute eine großformatige Stahlskulptur nahe der Obergasse hin. Dennoch gibt es in Gudensberg noch viele traditionsreiche und historisch bedeutsame Bauten, die das Stadtbild prägen, vor allem die stattlichen wie auch bescheidenen Fachwerkbauten der Altstadt.
Die Neuzeit brachte dem Landstädtchen verschiedene Reformen. Während die wirtschaftliche Struktur noch bis 1900 überwiegend von bäuerlichen und handwerklichen Tradition bestimmt war, setzte mit der Industrialisierung des Kasseler Raumes eine Wandlung ein, die vor Gudensberg nicht Halt machte. Der Struktur- und Funktionswandel in Industrie, Gewerbe wie auch Landwirtschaft machte eine umfassende Stadtsanierung ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nötig, die 1968 begann.
Zunächst wurde Flächensanierung mit dem Ziel betrieben, die Wohn- und Lebensverhältnisse der Bevölkerung zu verbessern. Vor allem expandierende Landwirtschaftsbetriebe verließen die zu eng gewordene Kernstadt. Erst später verlagerte sich der Schwerpunkt auf die Sanierung von erhaltenswerten Einzelobjekten. Viele, leider nicht alle sehenswerte Fachwerkhäuser konnten so gerettet werden. Bevölkerungszuwachs und der Wunsch nach einem Eigenheim ließen ausgedehnte Neubaugebiete entstehen und die Kernstadt mit den Stadtteilen verschmelzen. Der demografische Wandel wie auch der Strukturwandel bei Einzelhandel und Gewerbe stellt die Altstadt heute erneut vor große Herausforderungen.